Liebe "Leo"
Es tut mir leid, dass wir nicht schneller geantwortet haben.
Es gibt leider keinen Trick, wie man jemanden dazu bringen kann mit Trinken aufzuhören oder weniger zu trinken. Deine Eltern müssen das wollen. Sie sind verantwortlich für ihr Trinken. Es sind ja sie selbst, die sich ihre Gläser füllen und sie zum Mund führen. Du tust das ja nicht für sie. Jeder Mensch hat seinen Willen. Jeder Mensch entscheidet für sich selbst.
Ich glaube nicht, dass du deinen Eltern echte Probleme machst. Im Gegenteil! Aber sowieso: Es kann nicht sein, dass deine Eltern trinken, weil du Probleme machen würdest. Wenn jeder trinken würde, weil jemand um sie herum Probleme macht, würden alle trinken. Auch hier ist es so, dass jeder Mensch Verantwortung für sich trägt: Wenn ICH mich gestresst fühle, bin ICH immer noch verantwortlich dafür, wie ICH mit diesem Stress umgehe! Deine Eltern sind verantwortlich dafür, wie sie mit ihrem Stress umgehen.
Und auch wenn du zuhause ab und zu für Ärger sorgst: Du bist nicht schuld, dass deine Eltern trinken! Es ist verständlich, dass du auch mal aufbegehrst und dich wehrst!
Es ist verständlich, dass es für dich schwierig ist, neben der Schule auch noch zuhause für Ordnung sorgen zu müssen. Die Familie ist wichtig, ja. Aber auch die Schule ist wichtig! Und auch deine Freizeit ist wichtig. Es ist wichtig, dass du Zeit für die Schule und für dich selbst hast.
Viele Menschen (auch viele Erwachsene) die mit jemandem zusammenleben, der ein Alkoholproblem hat, denken nicht mehr wirklich an sich selbst. Im Moment schreibst du, dass du nicht weisst, was dir noch Spass macht. Wenn das für dich im Moment nicht klar ist, könntest du mal Dinge ausprobieren und schauen, ob sie dir Spass machen. Kannst du dir vorstellen, diese Dinge auf ein Blatt zu schreiben, die dir VIELLEICHT Spass machen könnten? Dann kannst du dir die Liste ab und zu anschauen, sie ergänzen und Dinge ganz bewusst ausprobieren. Ich fände es gut, wenn du mal versuchst, eine solche Liste zu machen. Das können ganz einfache Dinge sein wie z.B. "ein Spaziergang im Regen" oder "Wieder mal auf einer Schaukel schaukeln" oder "einen lustigen Film schauen" oder "Mein Lieblingsbuch wieder lesen".
Du hast mal geschrieben, dass es dir peinlich wäre, mit jemandem über deine Sorgen zu sprechen. Ich kann verstehen, dass es nicht unbedingt leicht ist, sich jemandem anzuvertrauen. Vor allem dann nicht, wenn man das noch kaum je getan hat. Aber es ist etwas, das grosse Erleichterung bringen kann. Und es ist etwas, das viele Menschen tun: Sich jemandem anvertrauen. Das kann irgend eine Person sein, die einem wichtig ist und zu der man Vertrauen fassen kann. Es könnte zum Beispiel auch eine Lehrerein oder ein Lehre sein, die/den du magst. Es kann aber auch eine Fachperson sein. Jemand, dessen Beruf es ist, Menschen zu beraten. Auf der Webseite von kidkit kannst du Adressen von Beratungsstellen in Deutschland finden: http://www.kidkit.de/quicklinks/beratun ... r-ort.html. Kannst du dir vorstellen, da mal nach einer Beratungsmöglichkeit in deiner Nähe zu suchen? Du könntest auch einfach mal da anrufen und fragen, was sie für dich tun können! Überlegs dir einfach mal. Ok?
Melde dich jederzeit wieder, wenn du zum Beispiel berichten möchtest, welche Ideen du ausprobiert hast, um Freude zu erleben! Oder wenn du andere Anliegen hast!
Herzliche Grüsse
admin-jajosa